Bau ohne Bewilligung: Käufer dürfen nachträgliche Genehmigung einfordern

OGH 9 Ob 47/25i: Fehlende Bewilligung ist ein Rechtsmangel
von office@era.at – 21. Dec 2025

Die Käufer einer Eigentumswohnung in einem Mehrparteienhaus erfuhren nach dem Erwerb, dass das Gebäude nicht vollständig den behördlichen Genehmigungen entsprach. Mehrere bauliche Abweichungen waren ohne erforderliche Bewilligung umgesetzt worden. Nach einer Selbstanzeige setzte die Baubehörde eine kurze Frist: Entweder musste eine nachträgliche Genehmigung beantragt oder der Zustand gemäß den ursprünglichen Bewilligungen wiederhergestellt werden.

Die Käufer verlangten von den Verkäufern die Zustimmung zu einem Bauansuchen, um den rechtswidrigen Zustand zu bereinigen. Die Verkäufer hielten dagegen, eine nachträgliche Genehmigung sei entweder gar nicht erreichbar oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte klar, dass auch öffentlich-rechtliche Probleme – wie das Fehlen einer Baubewilligung oder ein Bauzustand, der von genehmigten Plänen abweicht – als Rechtsmängel im Gewährleistungsrecht zu werten sind. Käufer dürfen daher erwarten, jene rechtliche Position zu erhalten, die vertraglich geschuldet ist. Dazu gehört insbesondere ein behördlich genehmigter und den Vorgaben entsprechender Bauzustand.

Im Gewährleistungsrecht gilt zudem: Der Käufer kann grundsätzlich zuerst Verbesserung verlangen. Der Verkäufer kann sich diesem Anspruch nur entziehen, wenn die Behebung unmöglich ist oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde. Wichtig dabei: Die Beweislast liegt beim Verkäufer. Bestehen Zweifel, ob die Mängelbehebung tatsächlich unmöglich ist, gehen diese zulasten des Verkäufers.

Im konkreten Fall war eine nachträgliche Genehmigung zwar nicht sicher, aber auch nicht ausgeschlossen. Je nach rechtlicher und planungsrechtlicher Lage kamen unterschiedliche Wege in Betracht – etwa Ausnahmegenehmigungen, technische Anpassungen oder ein teilweiser Umbau. Allein der Umstand, dass solche Maßnahmen Kosten verursachen, reicht nach Ansicht des OGH nicht, um sie als unzumutbar abzulehnen. Maßgeblich ist vielmehr, wie schwer der Mangel den Käufer trifft: Wenn Nutzung, Verkehrsfähigkeit oder rechtliche Absicherung wesentlich beeinträchtigt sind, können auch höhere Sanierungskosten gerechtfertigt sein.

Der OGH bestätigt daher: Das Verlangen auf Zustimmung zu einem konkret bezeichneten Bauansuchen kann zulässig sein, wenn damit ein rechtmäßiger Zustand hergestellt wird und der Verkäufer dadurch nicht unzumutbar belastet wird.

Damit stärkt die Entscheidung die Position von Käufern deutlich. Sie müssen baurechtliche Probleme nicht hinnehmen, sondern können Mitwirkung des Verkäufers an der Sanierung des Rechtsmangels verlangen. Verkäufer wiederum können sich nicht pauschal auf „Unmöglichkeit“ oder „zu hohe Kosten“ berufen, sie müssen konkret darlegen und beweisen, warum die Mängelbehebung nicht zumutbar sein soll.