In einem Interview mit der japanischen Zeitung "Nikkei" sagte Schnabel, dass eine Zinssenkung im Juni je nach Datenlage angemessen sein könnte. Allerdings sei der weitere Verlauf deutlich unsicherer, und eine Zinssenkung im Juli sei nicht gerechtfertigt. "Jüngste Daten haben bestätigt, dass die letzte Meile des Inflationsrückgangs die schwierigste ist", betonte sie.
Nach Jahren hoher Inflation bestehe das Risiko, die Geldpolitik zu früh zu lockern. "Wir sollten sehr vorsichtig vorgehen", sagte Schnabel, die Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB ist.
Sie erklärte weiter, dass weitere Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung notwendig seien, um das Vertrauen zu stärken, dass die Inflation spätestens im Jahr 2025 nachhaltig auf das EZB-Ziel von zwei Prozent zurückkehren werde. Geopolitische Entwicklungen, wie die Eskalation der Spannungen im Nahen Osten, könnten allerdings Aufwärtsrisiken für den Inflationsausblick darstellen.
Viele Währungshüter sehen eine Zinssenkung bei der nächsten EZB-Sitzung am 6. Juni bereits als nahezu sicher an, weshalb sich die Diskussion inzwischen hauptsächlich um den weiteren Zinspfad dreht. An den Finanzmärkten wird aktuell mit drei Zinssenkungen der EZB in diesem Jahr gerechnet. Die EZB strebt eine Inflation von 2,0 Prozent als Idealwert für die Wirtschaft der 20-Ländergemeinschaft an. Im April lag die Inflationsrate mit 2,4 Prozent zuletzt nicht mehr weit von diesem Ziel entfernt.