Der österreichische Immobilienmarkt zeigt nach zwei herausfordernden Jahren erste Anzeichen einer Beruhigung. Gleichzeitig treten grundlegende Probleme deutlicher hervor: Es wird zu wenig neu gebaut, der Mietmarkt in Ballungsräumen steht unter starkem Druck und die regulatorische Unsicherheit nimmt zu. Diese Einschätzung ergibt sich aus den Analysen des ÖVI im Rahmen seiner Jahres-Pressekonferenz, bei der aktuelle Entwicklungen bewertet und politische Handlungsfelder benannt wurden.
Erholung mit begrenzter Dynamik
Nach dem deutlichen Rückgang der Transaktionen in den Jahren 2023 und 2024 hat sich der Markt 2025 langsam stabilisiert. Sinkende Zinsen und spürbare Lohnsteigerungen haben Wohneigentum wieder etwas leistbarer gemacht, dennoch bleibt die Gesamtlage angespannt. In vielen Regionen stagnieren die Preise, während in besonders gefragten Lagen vereinzelt wieder leichte Zuwächse auftreten. Gleichzeitig bleibt das Angebot knapp – vor allem dort, wo die Nachfrage hoch ist.
Bei gebrauchten Eigentumswohnungen ist die Nachfrage wieder gestiegen: In den ersten drei Quartalen 2025 lag die Zahl der Transaktionen um 18 Prozent über dem Vorjahr. Auch der Hypothekarkreditmarkt hat sich belebt und sich im Vergleich zu 2023/2024 nahezu verdoppelt. Das aktuelle Volumen liegt bei rund 1,5 Milliarden Euro, bleibt jedoch unter dem Niveau von Anfang 2022 mit etwa 2,5 Milliarden Euro. Die Hypothekarzinsen bewegen sich derzeit ungefähr zwischen 3,5 und 4 Prozent, wobei Fixzinsdarlehen tendenziell etwas höher liegen.
Wien zeigt sich im Bundesvergleich robust. In besonders gefragten Bezirken werden moderate Preissteigerungen beobachtet, während Randlagen weitgehend stabile Preisniveaus aufweisen. Für gebrauchte Wohnungen liegen beispielhafte Durchschnittswerte 2025 bei rund 11.500 Euro pro Quadratmeter in der Inneren Stadt, etwa 5.500 Euro in Döbling und rund 3.700 Euro in Favoriten.
Neubau unter erheblichem Druck
Deutlich schwieriger ist die Lage im Neubausegment. Die Finanzierung für Bauträger hat sich gegenüber früheren Jahren stark verändert: Hohe Baukosten, geringere Eigenkapitalquoten und strengere Bankanforderungen – insbesondere bei Vorverwertung – führen zu Zurückhaltung und Unsicherheit. In der Praxis werden Projekte häufig verschoben oder gar nicht gestartet.
Preisliche Anpassungen erfolgen dabei vielfach über die Margen. Die stagnierenden Preise sind daher nicht als Zeichen einer Entspannung zu werten, sondern spiegeln oft wider, dass Bauträger Wertanpassungen und höhere Finanzierungskosten selbst tragen mussten. Das führt in vielen Fällen zu deutlich geringeren Gewinnen oder sogar Verlusten.
Regionale Entwicklung: Stabilisierung – aber Neubau bleibt schwach
Auch in den Bundesländern zeigen sich ähnliche Muster. Am Beispiel Vorarlberg wird ein Bild beschrieben, in dem Kaufpreise überwiegend stabil bleiben oder leicht nachgeben, während Transaktionen zunächst verhalten waren und sich Nachfrage stärker Richtung Miete verlagerte. 2025 zeichnet sich jedoch wieder eine vorsichtige Belebung ab: Die Transaktionen ziehen an, vor allem im Gebrauchtsegment, und die Preise stabilisieren sich mit moderaten Anstiegen – abhängig von Zinsniveau, Konjunktur und Lagequalität. Der Neubauverkauf bleibt hingegen weiterhin deutlich zurückhaltend; ähnliche Einschätzungen werden auch für Kärnten geteilt.
Digitalisierung: Fokus auf messbaren Nutzen
Der wirtschaftliche Druck wirkt zugleich als Filter für Digitalisierungsprojekte. Digitale Lösungen werden vor allem dann weiterverfolgt, wenn sie einen unmittelbaren und messbaren Mehrwert liefern – etwa durch Kostensenkung, schnellere Vermarktung oder bessere Finanzierbarkeit. Anwendungen ohne klaren Nutzen wurden hingegen reduziert oder gestoppt.
Mietmarkt: Engpasslage in Ballungszentren
Besonders angespannt ist die Situation am Mietmarkt in urbanen Räumen. Die Preisentwicklung wird in dieser Sichtweise vor allem durch das fehlende Angebot und die geringe Neubauproduktion getrieben. Für 2024 werden Mietsteigerungen bei Neuabschlüssen zwischen 6,2 und 7,7 Prozent genannt; dieser Trend habe sich 2025 fortgesetzt.
Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die öffentliche Debatte häufig verkürzt geführt wird und private Vermieter pauschal negativ dargestellt werden. Aus dieser Perspektive wird betont, dass Energiekosten einen wesentlichen Anteil an steigenden Wohnkosten haben, während ein großer Teil der regulierten Mieten – etwa Richtwert- und Kategoriemieten – seit 2023 faktisch kaum angepasst wurde. Daraus ergeben sich reale Einbußen für Vermieter im mietengeschützten Altbau, während andere Kostenbestandteile wie Gebühren und Abgaben weiter steigen können.
Regulatorische Eingriffe werden zudem als zusätzlicher Belastungsfaktor bewertet. Maßnahmen wie eine Mietpreisbremse im freien Mietzins werden als investitionshemmend dargestellt, weil sie die Ursachen – zu wenig Angebot – nicht beheben und langfristig den Wohnungsmangel verschärfen könnten. Kritisch gesehen werden unter anderem Einschränkungen bei der Wertsicherung, steuerliche Verschärfungen rund um Share Deals, die Einführung einer Umwidmungssteuer sowie eine verlängerte Wirkung strenger Kreditregeln durch interne Vorgaben. Insgesamt wird bemängelt, dass diese Schritte das Angebot nicht erhöhen, sondern das Vertrauen von Investoren schwächen.
Leistbares Wohnen als EU-Thema
Die wachsenden Schwierigkeiten, in europäischen Ballungsräumen ausreichend leistbaren Wohnraum zu schaffen, haben auch auf EU-Ebene Aufmerksamkeit erzeugt. Am 16. Dezember 2025 hat die EU-Kommission einen „Affordable Housing Plan“ vorgestellt. Einzelne Punkte bringen für Österreich wenig Neues, etwa im Bereich der Wettbewerbsregeln für den Social-Housing-Sektor, da Österreich traditionell stärker auch den Mittelstand adressiert. Andere Elemente decken sich hingegen mit Forderungen der Immobilienwirtschaft, beispielsweise geplante Vereinfachungen von Genehmigungen und Verfahren sowie der Ausbau digitaler Genehmigungssysteme (Housing Simplification Package ab 2027). Zusätzlich sollen nationale Sanierungspläne (ab 2026) umfassendere Strategien unterstützen. Weitere Bausteine betreffen den Umgang mit Kurzzeitvermietung, die Unterstützung systemrelevanter Berufsgruppen und junger Menschen sowie Überlegungen zu einer europaweiten Investitionsplattform. Ob diese in der Praxis wirksam wird, wird als offen eingeschätzt, auch mit Blick auf bisherige nationale Initiativen, die als wenig durchschlagend bewertet werden.
Nachhaltigkeit und Wohnrecht: Reformbedarf wächst
Klimabezogene Maßnahmen wie thermische Sanierungen oder der Austausch von Heizsystemen sind politisch gewollt, doch es fehlen nach dieser Einschätzung praktikable nationale Umsetzungsregeln. Als besonders hinderlich gilt die derzeitige Rechtslage im Wohnungseigentum, da Eigentümergemeinschaften bei Sanierungsentscheidungen oft schwer handlungsfähig sind. Ohne Reformen seien die Klimaziele im Gebäudebestand schwer erreichbar.
Fazit: Stabilisierung ja – Entspannung nein
2025 markiert für den österreichischen Immobilienmarkt einen Wendepunkt: Der Eigentumsmarkt stabilisiert sich langsam, während der Mietmarkt weiter unter Druck steht. Ohne konsequente politische Schritte zur Förderung von Neubau, Sanierung und verlässlichen Rahmenbedingungen droht sich der Wohnungsmangel dauerhaft zu verfestigen. Entscheidend sind dabei aus Sicht der Marktteilnehmer Planungssicherheit, schnellere Verfahren und ein Umfeld, das Investitionen ermöglicht – denn Regulierung allein schafft keinen zusätzlichen Wohnraum.