Eine aktuelle Studie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und ihrer Forschungspartner liefert erstmals eine detaillierte Analyse des künftigen Kühlbedarfs in Österreichs Gebäuden. Das Ergebnis ist alarmierend: Bis 2050 könnte sich die Zahl der sogenannten Kühlgradtage – ein zentraler Klimafaktor – gegenüber 2021 um mehr als 40 % erhöhen. Besonders stark betroffen sind die alpin geprägten Bundesländer, da künftig auch höhere Lagen deutlich wärmer werden.
Rasanter Anstieg des Energiebedarfs
Im Jahr 2021 lag der Kühlenergiebedarf österreichweit bei 2,5 Terawattstunden. Für 2050 prognostizieren die Forschenden – je nach Szenario – bis zu 6,3 Terawattstunden. Wohnungen verursachen dabei etwa zwei Drittel des Gesamtbedarfs, Büros rund ein Drittel.
„Vor allem Ostösterreich und die größeren Städte stehen vor großen Herausforderungen. Der massive Anstieg hat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Folgen“, warnt Lore Abart vom Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung der BOKU.
Starke Unterschiede nach Nutzung und Jahreszeit
Bürogebäude weisen im Schnitt einen drei Mal so hohen spezifischen Kältebedarf pro Quadratmeter auf wie Wohnungen. Zudem konzentriert sich der Energieverbrauch stark auf die Sommermonate: Allein Juli und August verursachen rund 70 % des Jahresbedarfs.
Auch die Kälteleistung steigt deutlich: Von rund 12,6 Gigawatt (2021) auf bis zu 18,6 Gigawatt im Jahr 2050. Drei Viertel davon entfallen auf Wohnungen.
Gebäudestandard als Schlüssel
Neben Klimawandel und Urbanisierung spielen Gebäudeeigenschaften eine zentrale Rolle: Fenster- und Fassadenqualität, Sonnenschutz, Wärmedämmung und interne Wärmelasten bestimmen maßgeblich den Kühlbedarf. Passive Maßnahmen wie Verschattung, Lüftung oder Sonnenschutzverglasung sollten stets Vorrang haben, bevor energieintensive Systeme wie Kompressionskältemaschinen oder Fernkälte eingesetzt werden.
Kältematrix als Entscheidungsgrundlage
Die Forschenden entwickelten eine sogenannte Kältematrix, die den Kältebedarf verschiedener Gebäudetypen in Abhängigkeit von Kühlgradtagen berechnet. In Kombination mit umfangreichem Kartenmaterial zu allen österreichischen Gemeinden bietet die Studie eine fundierte Basis für Klimaschutz- und Anpassungsstrategien, Städteplanung und Bauvorschriften sowie Energieversorger und Technologieanbieter.
Weckruf für Politik und Städteplanung
„Die Sommer in Österreich werden heißer – darauf müssen vor allem Städte vorbereitet sein. Wer jetzt in Gebäudestandards, smarte Kühltechnologien und durchdachte Stadtplanung investiert, spart langfristig Kosten, Energie und Emissionen“, betont Abart.
Die Studie entstand im Rahmen eines umfassenden Forschungsprojekts unter der Leitung der Institute of Building Research & Innovation ZT GmbH in Kooperation mit mehreren BOKU-Instituten und Vasko + Partner ZT-GmbH.
Weitere Informationen sowie Grafiken zur Studie „Urbaner Kältebedarf in Österreich 2030/2050“ und über 30 weitere Projekte zu Hitzeschutzmaßnahmen finden Sie auf der BOKU-Website „Heat and the City“.