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Kurzfristige Vermietung bei Widmung als "Geschäftsräume aller Art"

In einem Wiener Mehrparteienhaus stritten zwei Wohnungseigentümer über die Nutzung mehrerer Objekte.
von office@era.at – 24. Apr 2025 (zuletzt aktualisiert am 12. May 2025)

Was war passiert?

In einem Wiener Mehrparteienhaus stritten zwei Wohnungseigentümer über die Nutzung mehrerer Objekte. Im Wohnungseigentumsvertrag war vereinbart, dass alle Objekte des beklagten Wohnungseigentümers - unabhängig von der Widmung im Nutzwertgutachten - sowohl als Wohnungen als auch als Geschäftsräumlichkeiten aller Art genutzt werden dürfen. Darunter fallen insbesondere Gastgewerbebetriebe, Büros oder Ordinationen.

Der Beklagte vermietete drei dieser Wohnungen an verschiedene Gesellschaften, die daraus insgesamt sechs „Wohnungen“ machten. Fünf davon werden tageweise vermietet, eines erst ab einer Mietdauer von einem Monat. Es handelt sich also um kurzfristige Vermietungen.

Der Kläger begehrte die Unterlassung und Beseitigung dieser Nutzung. Er argumentierte, dass aufgrund der nicht näher spezifizierten Widmung als Geschäftslokal die kurzfristige Vermietung nicht vorhersehbar gewesen sei und daher auch nicht von der ursprünglichen Vereinbarung gedeckt sei. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

Der Beklagte entgegnete, dass eine Nutzung als Geschäftslokal jeglicher Art im Wohnungseigentumsvertrag ausdrücklich vorgesehen gewesen sei. Ziel sei es gewesen, sich alle Nutzungsmöglichkeiten offen zu halten, was auch schriftlich vereinbart worden sei.

Rechtliche Beurteilung: Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellt in seiner ständigen Rechtsprechung zur Widmung nach § 16 WEG auf die privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern, also den Wohnungseigentumsvertrag, ab.

Nimmt ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder ohne Genehmigung des Außerstreitrichters eine Änderung der Widmung vor, so handelt er rechtswidrig. In diesem Fall kann er auf Unterlassung und Beseitigung geklagt werden.

In der Entscheidung vom 4. Juli 2024 (5 Ob 68/24x) hat der Oberste Gerichtshof geprüft, ob eine kurzfristige Vermietung eine genehmigungspflichtige eigenmächtige Widmungsänderung darstellt.

Da im gegenständlichen Vertrag keine konkrete Art des Geschäftsbetriebes, sondern eine allgemeine Widmung als „Geschäftsräumlichkeiten jeder Art“ festgelegt wurde, gilt: Die übrigen Wohnungseigentümer haben sich bereits bei Begründung des Wohnungseigentums mit jeder Art gewerblicher Nutzung einverstanden erklärt - solange diese nicht die Grenzen des Üblichen überschreitet.

Im Vertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass sich der Beklagte die Nutzung „offen halten“ wollte. Eine Beschränkung auf bestimmte Arten von Geschäftsmodellen wurde nicht vereinbart.

Den Vorwurf, der Vertrag sei „denkunmöglich ausgelegt“ worden, wies der OGH zurück.

Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass die Nutzung zur kurzfristigen Vermietung von der vereinbarten offenen Geschäftsraumwidmung gedeckt ist und keine unzulässige Widmungsänderung vorliegt.

Fazit: Beim Abschluss eines Wohnungseigentumsvertrages ist auf die genaue Formulierung der Widmung besonders zu achten. Wer bestimmte Nutzungsarten - etwa die kurzfristige Vermietung - ausschließen will, sollte dies ausdrücklich und konkret festlegen. Wird hingegen eine offene Widmung vereinbart, können auch ursprünglich nicht vorgesehene Nutzungen zulässig sein.