Leistbares Wohnen braucht auch leistbares Vermieten

Viele Fragen rund um Richtwertmieten und Rechtssicherheit sind weiterhin ungeklärt und verlangen nach tragfähigen Lösungen für die Zukunft.
von office@era.at – 03. Jun 2025

„Der Standort bestimmt den Standpunkt“ – diese alte Erkenntnis wurde bei einer Pressekonferenz mit Vizekanzler Andreas Babler und der Vorsitzenden der Mietervereinigung Wien, Elke Hanel-Torsch, erneut deutlich. Die präsentierten Zahlen sollen aus ihrer Sicht weitere Eingriffe in bestehende und zukünftige Mietverhältnisse rechtfertigen. Doch diese Zahlen sind kritisch zu hinterfragen: Wie kann von exorbitanten Mietsteigerungen die Rede sein, wenn Verträge nach dem Richtwertmodell lediglich inflationsgebunden – und selbst das nur eingeschränkt – angepasst werden dürfen?

Fakt ist: Der Richtwert wurde seit 2023 de facto eingefroren. Weder die Inflation des Jahres 2023 mit 7,8 % noch jene von durchschnittlich 2,9 % im Jahr 2024 konnten von Vermieter:innen geltend gemacht werden. Real betrachtet sind Mieten damit sogar günstiger geworden.

Die zentralen Fragen bleiben unbeantwortet:

Wie kann rechtliche Sicherheit für Mieter:innen und Vermieter:innen gleichermaßen gestärkt werden?

Welche Vereinbarungen zu Wertsicherung und Betriebskosten sind langfristig rechtssicher?

Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen – über Förderungen hinaus – ermöglichen die Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme und tragen damit aktiv zur Erreichung der Klimaziele bei?

Der Trend zur Urbanisierung ist ungebrochen. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, um Arbeit und Wohnraum zu finden. Doch das Angebot bleibt zurück. Die Bauwirtschaft sendet aktuell besorgniserregende Signale: Eine rückläufige Bautätigkeit droht das ohnehin knappe Wohnungsangebot weiter zu verknappen.

Auch die restriktive Kreditvergabe durch die KIM-Verordnung erschwert den Eigentumserwerb und erhöht den Druck auf den Mietmarkt weiter. Nur ein ausgewogenes Verhältnis von Miet- und Eigentumsangebot kann langfristig für Entspannung sorgen. Städte wie Graz, Linz oder St. Pölten zeigen, dass ein funktionierender Markt möglich ist.

Zudem wirft die massive regionale Spreizung der Richtwerte Fragen auf: Warum liegt der Richtwert in Wien bei 6,67 Euro pro Quadratmeter, in der Steiermark bei 9,21 Euro und in Vorarlberg sogar bei 10,25 Euro? Ist eine zentrale Preissteuerung im Jahr 2025 tatsächlich noch zeitgemäß – oder braucht es ein grundsätzliches Umdenken?

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft ruft die Bundesregierung dazu auf, wie im Regierungsprogramm angekündigt, gemeinsam mit den Interessenvertretungen der Branche in einen konstruktiven Dialog zu treten. Es gilt, nachhaltige Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu erarbeiten, statt sie kurzfristigen, populistischen Überlegungen zu opfern.