Die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten bietet oft einen Planungsvorteil, da die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden können. Dies ist im Erbfall in der Regel nicht in gleichem Maße möglich. Beispielsweise kann der Zeitpunkt der Übergabe so geplant werden, dass die nächste Generation zur richtigen Zeit, etwa beim Start in die Selbständigkeit oder der Familiengründung, finanziell unterstützt wird, was im Erbfall möglicherweise nicht mehr nötig wäre.
Vor dem Hintergrund der politischen Diskussionen über die (Wieder-)Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer gewinnt die vorzeitige Vermögensübertragung an Bedeutung. Insbesondere bei der Übertragung von Immobilien kann es auch ohne Erbschafts- und Schenkungssteuern zu steuerlichen Konsequenzen kommen, weshalb eine vorausschauende Planung ratsam ist.
Immobilienertragsteuer
Beim Vererben und Verschenken von Immobilien ist aus ertragsteuerlicher Sicht die Immobilienertragsteuer zu berücksichtigen. Diese bezieht sich auf private Grundstücksveräußerungen und damit auf entgeltliche Vorgänge. Entscheidend ist die Unterscheidung zwischen einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Vorgang, da nur eine unentgeltliche Übertragung, wie Schenkung oder Vererbung, ertragsteuerfrei möglich ist. Ein auf den ersten Blick unentgeltlicher Vorgang kann ertragsteuerlich relevant werden, wenn Schulden, andere Belastungen oder Ausgleichszahlungen im Rahmen von Erbauseinandersetzungen mitübertragen werden.
Eine unentgeltliche Übertragung umfasst in der Regel Erbschaften und reine Schenkungen. Auch gemischte Schenkungen, also Schenkungen mit einer Gegenleistung, gelten grundsätzlich als unentgeltlich. Anders als im Grunderwerbsteuerrecht, wird im Ertragsteuerrecht die gemischte Schenkung nicht in unentgeltliche und entgeltliche Teile aufgespalten, sondern dem dominierenden Element zugeordnet. Die Höhe der Gegenleistung spielt dabei eine wesentliche Rolle:
- Eine Veräußerung liegt vor, wenn die Gegenleistung mindestens 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes beträgt.
- Eine unentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn die Gegenleistung höchstens 25% des gemeinen Wertes beträgt.
- Bei Schenkungen unter nahen Angehörigen ist eine entgeltliche Übertragung anzunehmen, wenn die Gegenleistung mehr als 25% aber weniger als 75% des Wertes beträgt und ein Bereicherungswille besteht.
Grunderwerbsteuer
Im Gegensatz zur Einkommensteuer liegt die Grenze zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei der Grunderwerbsteuer bei 70% und 30%. Die Grunderwerbsteuer erfasst neben entgeltlichen auch unentgeltliche Übertragungen, wie Schenkungen und Vererbungen. Erwerben innerhalb der Familie gelten grundsätzlich als unentgeltlich, unabhängig von einer Gegenleistung.
Die Grunderwerbsteuer wird vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom Grundstückswert berechnet. Der Begriff der Gegenleistung ist dabei weit gefasst und umfasst Geld-, Sachleistungen sowie vorbehaltene Nutzungen und andere Leistungen wie Wohn- oder Fruchtgenussrechte. Bei bestimmten Grundstückserwerben, wie bei unentgeltlichen Erwerbungen oder innerhalb der Familie, ist der Grundstückswert maßgeblich.
Für entgeltliche Erwerbsvorgänge gilt ein einheitlicher Steuersatz von 3,5%, während bei unentgeltlichen Übertragungen ein gestaffelter Tarif zur Anwendung kommt:
- Für die ersten EUR 250.000 fallen 0,5% an;
- für die nächsten EUR 150.000 fallen 2% an;
- für alles über EUR 400.000 fallen 3,5% an.
Um eine Umgehung des Stufentarifs durch Zerteilung von Schenkungen zu verhindern, gelten Regeln zur vertikalen und horizontalen Zusammenrechnung von Schenkungen innerhalb von fünf Jahren zwischen denselben Personen.
Zusätzlich zur Grunderwerbsteuer fällt für die Eintragung von Grundstücksübertragungen im Grundbuch eine Grundbucheintragungsgebühr von 1,1% des Verkehrswerts an. Bei Übertragungen im Familienkreis kann eine begünstigte Bemessungsgrundlage von dreifachem Einheitswert bzw. maximal 30% des Verkehrswerts herangezogen werden.
Umsatzsteuer
Beim Vererben und Verschenken von Immobilien handelt es sich um unentgeltliche Immobilienübertragungen, die nur dann umsatzsteuerliche Folgen haben, wenn die Immobilie einem Unternehmen zugeordnet ist. Eine Liegenschaft, die nie dem Unternehmen des Erblassers oder Geschenkgebers zugeordnet war, löst keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen aus. Ansonsten ist die Berichtigung der Vorsteuern aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie von Großreparaturen, die in den letzten 20 Jahren abgezogen wurden, zu beachten.